Unter diesem Titel fand im Berliner BASE-camp eine eintägige Tagung der Evangelischen Akademie Berlin statt, bei der ich sowohl an der Konzeption und Moderation mitgewirkt habe, als auch einen Vortrag zu politischer Partizipation und Online-Kommunikation beigesteuert habe. Hier die betreffende Präsentation (eine Dokumentation aller Beiträge folgt später):
Wie wirkt das Netz?
Crowdsourced Memory: Europeana 1989
Europeana, die europäische Initiative für digitalisierte Inhalte aus dem Feld des kulturellen Erbes, hat in Kooperation mit der Online-Plattform Historypin (für Hintergründe siehe meinen Beitrag hier im Blog) ein neues Projekt lanciert: Unter dem Titel „Europeana 1989“ werden im Hinblick auf das 25-jährige Jubiläum des Falls des Eisernen Vorhangs insbesondere visuelle Inhalte erhoben, die einschlägige historische Perspektiven zeigen. Zentrale Anlaufstelle für diese Aktion ist ein dafür eingerichteter Historypin-Channel.
Dort lassen sich persönliche Geschichten, Fotografien, Videos, Audio-Aufnahmen sowie Dokumente einreichen und bereits vorliegende Einträge durchsuchen. Denn zur Grundausstattung gehören über 6000 Beiträge, die aus dem Bestand der Deutschen Kinemathek stammen. Diese hat unter dem Titel „Wir waren so frei… Momentaufnahmen 1989/1990“ in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung ein Online-Archiv privater Filme und Fotos aus der Umbruchzeit sowie über 100 begleitende Erinnerungstexte kompiliert. Ein Großteil dieser Inhalte wurde bei Historypin eingestellt. Nun geht es den Initiatoren vor allem um die Erhebung weiterer Inhalte aus Mittel- und Osteuropa: Crowdsourcing für eine europäische Erinnerungskultur.
Erinnerungskultur 2.0: Der Zeitzeuge als Hologramm
„Doch die Differenzierung von kommunikativem Gedächtnis der Zeitgenossen und kulturellem Gedächtnis der Nachgeborenen wird durch kommunikationstechnologische Innovationen nicht nur dynamisiert: Bereits heute können wir mit den in Datenbanken verfügbaren digitalisierten Aufzeichnungen von Zeitzeugeninterviews virtuell ins Gespräch kommen: Auf die Eingabe eines Suchwortes folgt die Angabe einschlägiger Stellen, die sich direkt wiedergeben lassen. Spätestens wenn wir mit diesen Archiven nicht mehr über konventionelle Interfaces interagieren, sondern sie auf Spracheingabe und semantische Suche mit der Wiedergabe einschlägiger Sequenzen reagieren, muss sich die politische Bildung nicht mehr nur auf das Ende der Zeitzeugenschaft einstellen, sondern auch darauf, dass dieses Ende relativiert wird.„
Mit diesem Statement endeten manche meiner Vorträge in den letzten Jahren, wenn ich zum Thema „Erinnerungskultur 2.0“ eingeladen war. Häufig folgten darauf eher zweifelnde Nachfragen (vgl. die per Video dokumentierte Diskussion bei einer Konferenz 2011) und kritische Kommentare: Das war doch für viele Zuhörer eher Science Fiction als ein ernstzunehmender Beitrag zur Debatte um die Zukunft der Erinnerung an den Holocaust. Nun muss ich eine Ergänzung in meine Präsentation einfügen:
Dreidimensionale Hologramme von Holocaust-Überlebenden wie im obigen Video sind noch nicht verfügbar, aber nach Angaben der Verantwortlichennur noch eine Frage von wenigen Jahren. Der kürzlich präsentierte zweidimensionale Prototyp von Pinchus Gutter ist das Ergebnis einer Kollaboration von zwei Einrichtungen der University of Southern California unter dem Titel „New Dimensions in Testimony„:
„Certainly it will be within five years, said Stephen Smith, the Shoah Foundation’s executive director, and Paul Debevec, associate director of the university’s Institute for Creative Technologies, which is creating the hologram project’s infrastructure.“
Eine prägnante Darstellung des Projekts bietet Leslie Katz und einen pointierten Diskussionsbeitrag liefert Julie Z. Rosenberg unter dem Titel „Holy Holograms, Batman“ in ihrem Blog „Googling the Holocaust“.
Demokratie in Zeiten des Internets
So lautet der Titel eines Podiumsgesprächs der VHS Groß-Gerau, bei dem ich am 23. Januar mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Peter Tauber (Sprecher der Unions-Netzpolitik-Initiative cnetz) über folgende (vom Veranstalter formulierte) Fragen diskutiere:
Die neuen, interaktiven Kommunikationsformen beeinflussen das politische Geschehen: Informationen sind schneller und einfacher zu beschaffen, Internetplattformen erlauben das gemeinsame Arbeiten von verschiedenen Orten aus und über soziale Netzwerke erreichen politische Statements mit einem Mausklick unzählige „Freunde“.
Wie wirkt sich dies auf die Demokratie aus? Fördert das Web 2.0 die Partizipation?
Wie verändert sich der Willensbildungsprozess und wie die politische Kommunikation?
Aktuelle Anknüpfungspunkte für die Diskussion dürfte es genug geben: Gerade hat die hessische CDU die Plattform „Mitdenkforum Hessen“ gestartet, auf der Bürger sich an der Formulierung des Wahlprogramms der Christdemokraten für die (Ende 2013/Anfang 2014) anstehende Landtagswahl beteiligen können. Während das vergleichbare Format der hessischen SPD unter dem Titel „Hessen erneuern“ auf die Kommentierung von Statements setzte, können hier sogenannte „Denkanstöße“ eingereicht werden. Beide Beteiligungsformate ergänzen das Online-Angebot mit Offline-Veranstaltungen.
Stichpunkte für mein Einleitungsstatement habe ich hier notiert: