Am 17. und 18. September findet am Deutschen Historischen Institut in Warschau ein Workshop zum Thema „Funktionalität von Geschichte in der Spätmoderne: Konzepte – Methoden – Forschungsperspektiven“ statt. Hier das Mission Statement der OrganisatorInnen, die ein vielfältiges Programm mit Beiträgen zu aktuellen Phänomenen zusammengestellt haben:
Seit einiger Zeit scheint sich ein grundsätzlicher Wandel in der Funktionalität von Geschichte und in der öffentlichen wie individuellen Nutzung der Vergangenheit zu vollziehen. Im Wissen darum, das bislang kein integrales Konzept zur Erforschung von öffentlicher Geschichte existiert, wurde bewusst die heterogene „Landschaft“ praktizierter Zugänge zum Ausgangspunkt der Tagung genommen. Einerseits wird hier an ältere Ansätze angeknüpft, andererseits werden neue Herangehensweisen und Terminologien erprobt. Die zentralen Leitfragen des Symposiums lauten: Welche (neuen) Phänomene existieren, wodurch zeichnen sie sich aus? Wie lassen sich die Prozesse eines pluralistischen Umgangs mit Geschichte begrifflich und theoretisch fassen, wie methodisch analysieren? Wo haben wir es „nur“ mit neuen Gegenständen, wo mit neuen Konzepten oder gar Programmatiken zu tun?
In diesem Kontext präsentiere ich aktualisierte Einschätzungen zu „Erinnerungskultur 2.0: Geschichte in der digitalen Gesellschaft“. Zu diesem Zweck habe ich einige Anknüpfungspunkte in der aktuellen Forschungspraxis eruiert. Dementsprechend lassen sich meine Überlegungen in der (deutschen) Forschungsdiskussion wie folgt verorten:
Zum Jahresende standen noch einmal zwei Veranstaltungen zum Thema „Erinnerungskultur“ auf meinem Programm. Vom 5. bis 6. Dezember fand in Duisburg-Marxloh das Zukunftslabor „Multiple Memories – Erinnerungskulturen der Migration“ statt. Veranstalter war die „Zukunftsakademie NRW – Interkultur, kulturelle Bildung und Zukunft von Stadtgesellschaft“, ein Gemeinschaftsprojekt des Landes Nordrhein-Westfalen, der Stiftung Mercator, der Stadt Bochum und des Schauspielhauses Bochum. Dort lieferte ich in einem Panel einen Beitrag zur „Erinnerungskultur 2.0“, aus dem folgende Mind Map zu verschiedenen Formaten stammt.
Am 8. Dezember war ich dann beim Workshop „Der Nationalsozialismus: Forschung und Vermittlung im 21. Jahrhundert“ zu Gast, den die Akademie für Politische Bildung Tutzing in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit veranstaltete. Dort lieferte ich einen Impuls unter der Überschrift „Erinnerungskultur und Geschichtsbilder“. Auch dafür hatte ich eine Mind Map im Gepäck, die Aspekte eines historischen Wandels adressiert:
„Doch die Differenzierung von kommunikativem Gedächtnis der Zeitgenossen und kulturellem Gedächtnis der Nachgeborenen wird durch kommunikationstechnologische Innovationen nicht nur dynamisiert: Bereits heute können wir mit den in Datenbanken verfügbaren digitalisierten Aufzeichnungen von Zeitzeugeninterviews virtuell ins Gespräch kommen: Auf die Eingabe eines Suchwortes folgt die Angabe einschlägiger Stellen, die sich direkt wiedergeben lassen. Spätestens wenn wir mit diesen Archiven nicht mehr über konventionelle Interfaces interagieren, sondern sie auf Spracheingabe und semantische Suche mit der Wiedergabe einschlägiger Sequenzen reagieren, muss sich die politische Bildung nicht mehr nur auf das Ende der Zeitzeugenschaft einstellen, sondern auch darauf, dass dieses Ende relativiert wird.„
Mit diesem Statement endeten manche meiner Vorträge in den letzten Jahren, wenn ich zum Thema „Erinnerungskultur 2.0“ eingeladen war. Häufig folgten darauf eher zweifelnde Nachfragen (vgl. die per Video dokumentierte Diskussion bei einer Konferenz 2011) und kritische Kommentare: Das war doch für viele Zuhörer eher Science Fiction als ein ernstzunehmender Beitrag zur Debatte um die Zukunft der Erinnerung an den Holocaust. Nun muss ich eine Ergänzung in meine Präsentation einfügen:
Dreidimensionale Hologramme von Holocaust-Überlebenden wie im obigen Video sind noch nicht verfügbar, aber nach Angaben der Verantwortlichennur noch eine Frage von wenigen Jahren. Der kürzlich präsentierte zweidimensionale Prototyp von Pinchus Gutter ist das Ergebnis einer Kollaboration von zwei Einrichtungen der University of Southern California unter dem Titel „New Dimensions in Testimony„:
„Certainly it will be within five years, said Stephen Smith, the Shoah Foundation’s executive director, and Paul Debevec, associate director of the university’s Institute for Creative Technologies, which is creating the hologram project’s infrastructure.“
Eine prägnante Darstellung des Projekts bietet Leslie Katz und einen pointierten Diskussionsbeitrag liefert Julie Z. Rosenberg unter dem Titel „Holy Holograms, Batman“ in ihrem Blog „Googling the Holocaust“.
So lautet der Titel eines Workshops, der am 16. April 2010 in Berlin stattfindet. Veranstaltet wird er vom Lehrstuhl für die Geschichte Ostmitteleuropas am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin und es geht um die Konsequenzen der Digitalisierung für die Geschichte (siehe die Ankündigung im Webmagazin für Informationstechnologie in den Geisteswissenschaften). Diese sollen zunächst am Vormittag in zwei Vorträgen verhandelt werden, von denen ich einen zur Transformation kommemorativer Kommunikation halte. Am Nachmittag werden dann Erfahrungsberichte aus der Praxis von vier Projekten diskutiert. Eingeladen sind:
die an der FU Berlin situierte deutsche Dependance des von Steven Spielberg initiierten Visual History Archiv, das inzwischen als Shoah Foundation Institute in die University of Southern California integriert ist;
Es gibt eine begrenzte Anzahl freier Plätze für Interessierte, die sich jedoch bis spätestens zum 8. April 2010 bei valentina.stefanski@fu-berlin.de anmelden müssen (Teilnahme bedarf der Bestätigung).